Liebes Tagebuch,
heute erblasst Jürgen Meyer fast vor Ehrfurcht vor seinem heutigen Frühschoppen-Gast. Denn nicht mit irgendjemandem frühstückt er heute, sondern mit einem hochkarätigen Politiker. Dem kredenzt er natürlich sein traditionelles Weißwurstfrühstück – ob das dem gebürtigen Bergisch Gladbacher auch mundet? Ja, versichert der uns – auch wenn er natürlich an solch deftigen Speisen zum Frühstück nicht gewöhnt ist, sondern normalerweise mit Schwarzbrot, Käse und Ei absolut glücklich und zufrieden ist. Und Alkohol zum Frühstück brauche er schon gar nicht, fügt er noch schmunzelnd hinzu. Beim abwechslungsreichen Buffet kommt Jürgen dann mit seinem Gast munter ins Plaudern, und der hat mit seinen 65 Jahren auch einiges zu erzählen. Im Ramasuri-Wintergarten sitzt heute neben Moderator Jürgen Meyer das ehemalige Bundestagsmitglied Wolfgang Bosbach. Der CDU-Politiker war neun Jahre lang stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Union, bevor er von 2009 bis 2015 als Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestags fungierte. Vergangenen Oktober beendete er jedoch seine Arbeit im Bundestag – und hat seitdem viel mehr Zeit, sich die Städte, in denen er Termine wahrnimmt, auch in Ruhe anzuschauen. Und heute hat er sich dankenswerterweise viel Zeit für den Ramasuri-Frühschoppen freigeschaufelt.
Seine politische Karriere war allerdings nicht von vornherein so angedacht. Denn nach der Mittleren Reife absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und leitete anschließend einen Supermarkt. Nachdem er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachgeholt hatte, studierte er außerdem Rechtswissenschaften und war seither bis zu seiner Zurruhesetzung als Rechtsanwalt tätig. Seit jeher waren jedoch in seiner Familie die Themen Politik, Religion und Geschichte präsent, zumal seine Schwester Gymnasiallehrerin für die Fächer Latein und Geschichte ist. Ausschlaggebender Grund für Wolfgang Bosbach, sich schließlich politisch zu betätigen, war der Schutz des ungeborenen Lebens, der ihm ein besonderes Anliegen war und auch heute noch ist.
Als großen Erfolg seiner politischen Karriere nennt Bosbach die Entschädigung für die NS-Zwangsarbeiter, die er im Kreise der Union durchsetzen konnte. Das größte Problem in der Politik sieht er jedoch darin, dass zu viel Zeit für sinnlose Diskussionen und Streit zwischen den Parteien verschwendet wird – Zeit, die sehr viel gewinnbringender in die politische Praxis investiert werden könnte. Deshalb habe er auch nach wie vor allergrößten Respekt vor jedem einzelnen, der sich der Löwenaufgabe stellt, sich politisch zu engagieren. Er selbst habe sich aus dem Bundestag zurückgezogen, weil er eher ein Amt aufgebe als seine Überzeugung.
Eine wichtige Aufgabe, mit der die Politik schon seit langem zu kämpfen hat, aber immer noch nicht bewältigen konnte, ist für ihn die Steuerreform. Denn Deutschland hat laut Bosbach ein hochkompliziertes Steuerrecht, das er selbst als ungerecht empfindet. Denn nur die Wohlhabenden könnten sich einen guten Steuerberater leisten und so mit allerlei Tricks das Beste herausholen, während die nicht so Betuchten auf der Strecke blieben. Das muss sich unbedingt ändern, betont er.
Auf die Frage nach seinen künftigen Ziele im Leben fallen ihm keine beruflichen mehr ein, sondern vielmehr Projekte im privaten Bereich: Das Reisen hat Wolfgang Bosbach jetzt für sich entdeckt! Nach Australien, Indonesien und Bali will er jetzt noch viel mehr von der Welt entdecken! Unter anderem der Oman reize ihn und noch unzählige andere Ziele. Daran hindert ihn auch sein angeschlagener Gesundheitszustand nicht: Bosbach leidet seit 1994 an einer Herzinsuffizienz, seit 17 Jahren muss er mit einem Herzschrittmacher mit kombiniertem Defibrillator leben. 2010 kam dann noch eine unheilbare Krebserkrankung dazu, wegen der er seither in Therapie ist. Solange er damit leben kann, ist er aber glücklich und zufrieden, sagt der lebensfrohe Bergisch Gladbacher. Und diese Lebensfreude kann man auch daran erkennen, dass er diverse Auszeichnungen von Karnevalsvereinen verliehen bekommen hat, darunter beispielsweise den Schlappmaulorden der Kitzinger Karnevalsgesellschaft. Und die Düsseldorfer Karnevalsgesellschaft Weissfräcke ernannte ihn sogar zum Ehrensenator.
Besonders stolz in seinem Leben ist er vor allem auf seine drei Töchter, denen er zwar nicht unbedingt sein politisches Interesse, aber doch immerhin sein Talent für den Einzelhandel vererben konnte – seine älteste Tochter ist nämlich ebenfalls in der Branche tätig. In dem Zusammenhang erwähnt er auch immer wieder seine Ehefrau Sabine, mit der er seit 1987 glücklich verheiratet ist und die auch bereits vor ihrer Ehe mit Wolfgang rein zufällig den Nachnamen Bosbach trug.
Wir danken dem herzlichen, lebensfrohen Wolfgang Bosbach dafür, dass er sich so viel Zeit für uns genommen hat! Alle Infos zu dem Politiker, Rechtsanwalt und Globetrotter in spe, darunter auch aktuelle Termine, bei denen man ihn live erleben kann, findet man auf seiner Homepage. In den sozialen Netzwerken wie Facebook & Co. sucht man ihn hingegen vergeblich, denn in der Hinsicht ist er, wie er lachend klarstellt, einfach nicht so fit wie seine Töchter.
Bis nächsten Sonntag!
Deine Dagi